Ein Stein – ein Name - ein Mensch. - Projekt des Jugendparlaments wird realisiert – erste fünf Stolpersteine in Brilon verlegt

Ein Stein – ein Name - ein Mensch. - Projekt des Jugendparlaments wird realisiert – erste fünf Stolpersteine in Brilon verlegt

Ein Stein – ein Name - ein Mensch. - Projekt des Jugendparlaments wird realisiert – erste fünf Stolpersteine in Brilon verlegt

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Ein Stein – ein Name - ein Mensch. - Projekt des Jugendparlaments wird realisiert – erste fünf Stolpersteine in Brilon verlegt

„Hier wohnte Fanny Goldberg, geb. Hecht, Jg. 1882, unfreiwillig verzogen, 1940 Köln, Flucht 1940 Südamerika, Tot 31.7.1943“. 

Behutsam setzt der Kölner Künstler Gunter Demnig diesen und vier weitere Gedenksteine  am 16.März in den Bürgersteig vor dem ehemaligen Haus des Gastes in der Gartenstr. 13.  Mit den Stolpersteinen will er die Erinnerung an die Menschen, die dort Zuhause waren  und Opfer des NS-Regimes wurden, lebendig werden lassen.  Ganz bewusst bückt er sich, wenn er die handgefertigten Gedenktafeln aus Messing mit  Namen und Lebensdaten verlegt. Für ihn ist das eine symbolische Verbeugung vor jedem einzelnen Opfer.  Fast  50.000 Stolpersteine liegen in über 500 Orten Deutschlands und in mehreren Ländern Europas.

Um die 30 Familien jüdischen Glaubens waren 1933 als Briloner Bürger und Bürgerinnen. Insgesamt etwa 130 Menschen.  Über 50 von ihnen wurden während  des Nationalsozialistischen Terrorregimes ermordet.  Etwa 30 gelang die Flucht nach Übersee.   Manche begingen Selbstmord, andere sind verschollen. 

In der Gartenstraße 13 lebte das Ehepaar  Goldberg mit seinen vier Kindern Dagobert, Alfred, Leopold und Lore.  Vater Samuel Goldberg wurde 1871 in Madfeld geboren und zog 1906 mit seiner Frau Fanny nach Brilon, wo er einen Zementgroßhandel betrieb. 1929 starb er. Als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kamen, wohnte Fanny Goldberg alleine im Haus. Die Kinder waren in Köln und Dortmund sesshaft geworden, bzw. wanderten später aus. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannte wie überall in Deutschland auch in Brilon die Synagoge.  Am 10. November stürmten  SA-Leute in das Haus, demolierten Möbel, zertrümmerten Porzellan, zerfetzten Kleider und stahlen Hausrat. Schon vorher hatte der damalige Bürgermeister Groß Fanny Goldberg drangsaliert, immer wieder SA geschickt, um ihr Furcht einzujagen, weil er möglichst günstig an ihr Haus kommen wollte. Nun drohte er ihr mit der Einweisung in ein Konzentrationslager.  Fanny Goldberg verkaufte unter Zwang den Familienbesitz, verließ Brilon und zog nach Köln in ein  möbliertes  Zimmer.  Bei dem Versuch, ihre Mutter aus Deutschland zu retten, fielen Alfred, Lore und ihr Mann Kurt in die Hände der Gestapo und wurden 1942 in Auschwitz vergast.  Der Mutter gelang die Flucht  zu ihrem Sohn Dagobert nach Buenos Aires.  Sie starb dort aber drei Jahre später.

Janos Klink, Vorsitzender des Jugendparlaments, das Gunter Demnigs Projekt  vor 2 Jahren für Brilon aufgriff und sehr engagiert an der Verwirklichung arbeitete,  begrüßte vor Ort Vertreterinnen und Vertreter des öffentlichen Lebens, der Politik und der Kirchen sowie verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und Vereine,  besonders aber hieß er den aus Mettmann angereisten  Großneffen von Fanny Goldberg, Johannes Otto und dessen Sohn Hartmut willkommen. 

Anders als bei anderen Gedenkstätten, so sagte er in seiner Ansprache, seien die Stolpersteine da, wo die Menschen jeden Tag hergehen, wo sie leben und wo auch die Opfer gelebt hätten, die auf diese Weise wieder mitten unter uns seien.   Man verdanke dem Künstler einen  „Quantensprung in der Erinnerungskultur.  Die Menschen, deren Familien unter der Naziherrschaft oft auseinandergerissen und zu Nummern degradiert wurden, werden so an ihrem letzten frei gewählten Wohnsitz wieder zusammengeführt und bekommen ihre Namen zurück.“  Die Erinnerung habe aber auch eine Zukunftsdimension.  Sie solle uns wachsam halten, dass Ähnliches nie wieder passieren kann.  Dafür seien die Stolpersteine, von denen in Brilon 115 weitere verlegt werden sollen,  besonders geeignet, „weil Geschichte nur wirklich erfahrbar werden kann, wenn sie auf konkrete einzelne Personen bezogen ist und ortsbezogen vermittelt werden kann.“ 

Bürgermeister Dr. Christof Bartsch richtete seinen Dank an diejenigen, die das Projekt über Patenschaften und Spenden finanzieren und an Ehrenbürgermeister Schrewe sowie Frau Henne und Herrn Stuhldreier für die Begleitung.  „Gut, dass Jugendliche die Verantwortung für diese Aktion übernommen haben“, sagte er, und so sei ihm der Gedanke gekommen, seinen 15-jährigen Praktikanten Sven Becker zu bitten, die Rede des Bürgermeisters zu schreiben.  

Carsten Schlömer, wissenschaftlicher Assistent im Haus Hövener  und Jugendreferent des Heimatvereins Semper Idem, spannte in seiner Rede den Bogen vom Briloner Antisemitismus der Nazi-Zeit bis in die Antike mit konkreten Beispielen der Repressionen gegenüber Menschen jüdischen Glaubens  durch die Jahrhunderte von denen es für den Raum Westfahlen auch Belege im Museum Haus Hövener gibt.  Er bezog sich aber auch auf die Gegenwart:“ Noch heute ist Fremdenfeindlichkeit eine alltägliche Erscheinung.  In allen Ländern dieser Welt gibt es ethnisch und religiös motivierte Verbrechen, die zeigen, dass das Erinnern an die Opfer der Shoa (jüdischer Begriff für den Holocaust) nie seine Berechtigung verliert.

Die Ev. Kirchengemeinde Brilon unterstützte das Projekt Stolpersteine in Brilon mit der Patenschaft für drei Steine.
 Es bedarf noch der finanziellen Unterstützung für die Fortsetzung des Projektes.  Für 120 Euro kann jeder eine Patenschaft für das Anfertigen und die Verlegung von Stolpersteinen übernehmen.  Weitere Auskünfte erteilen Janos Klink, JuPA,  Tel.: 015164404214 und Brunhilde Henne, Stadt Brilon, Tel.: 794-254.

Barbara Aulich

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